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Veranstaltung: Denkerei im re|space: Die Kunst hängt nicht an der Wand, sondern entsteht in Ihrem Kopf!

Donnerstag, 4.11.2021, 19:00 Uhr, Berlin, re|space gallery, Mommsenstr. 71, 10629 Berlin

Aufgrund der derzeit geltenden Corona-Schutzbestimmungen ist Voraussetzung für Ihre Teilnahme, dass Sie vollständig geimpft (>14 Tage nach abschließender Impfung) oder genesen sind oder einen tagesaktuellen, zertifizierten Negativtest vorweisen können. Ein entsprechender Nachweis ist bei Einlass vorzulegen.

Die Rückverfolgbarkeit macht zudem die Erfassung Ihrer Daten erforderlich. Deshalb bitten wir um Anmeldung mit Adresse und Telefonnummer bis 3.11.2021, 18 Uhr an: info@denkerei-berlin.de

Es gelten die allgemeinen Hygieneregeln.

Bitte informieren Sie sich darüber hinaus vor der Veranstaltung über etwaige tagesaktuelle Änderungen bei den Bestimmungen.

Eine der gefährlichsten, weil folgenreichsten Formen des sprachlichen Handelns ist die Substantivierung von Eigenschaftsworten. Wenn aus der Eigenschaft eines Pullovers, von Lippen oder von Blut, rot zu sein, der Begriff der Röte abgeleitet wird, liegt es nahe, die Röte auf gleiche Weise für gegeben zu halten wie die roten Dinge. Sind aber die durch grammatikalische Operation gewonnenen Begriffe Freundschaft, Liebe, Glaube, Hoffnung auf gleiche Weise real wie die Menschen, die lieben, glauben, hoffen?

Der uralte Streit darüber, ob allgemeine Begriffe auf gleiche Weise real sind wie die Eigenschaften, aus denen sie abstrahiert wurden, zeitigt bis heute fatale Folgen. Zum Beispiel im Streit um die Frage darüber, ob es die „Kunst“ überhaupt gibt oder nur Arbeitsresultate von Künstlern, also an die Wand gehängte Leinwände oder auf Sockeln präsentierte Steine, Metalle, Kunststoffe. Was ist die „Musik“ jenseits der physikalischen Erzeugung von Tönen?

Die weltweit geführten Kulturkämpfe zeigen, wohin die Begriffsgläubigkeit führen kann. Immer noch und immer wieder werden durch fundamentalistischen Gebrauch von Begriffen Dogmen erzeugt, deren Durchsetzung stets tödlich sein muss. Besonders tragisch ist das, wenn gerade Künstler glauben, im Vorstellen und Denken gegen dogmatische Einengung antreten zu müssen. Der höchstamtliche Streit um den Geltungsanspruch des Künstlers Emil Nolde zeigt die Aktualität der Fragestellung „Sind universale Begriffe real oder bloße Worthülsen?“

Begriffe sind Denkwerkzeuge und nicht Abbildungen der gegebenen Welt. Der Begriff der Kunst gehört zum Denken über das Arbeiten von Künstlern. „Kunst“ zu sein ist also nicht die Eigenschaft der Arbeitsresultate. Wer das verwechselt, glaubt eben noch, dass die Kunst an der Wand hängt, anstatt zu erkennen, dass an der Wand nur der Denkanstoß dazu hängt, „Kunst“ zu denken.

Im Anschluss:
Stephan Wolting (Berlin/Poznan): „Sage mir, was dir schön erscheint...“
Zum Zusammenhang von Wahrnehmung und ästhetischem Werturteil

Kunst entsteht erst in Auseinandersetzung mit dem Auge des Betrachters und verschwindet sogleich wieder. Diese Haltung hat der britische Street Art-Künstler Banksy auf die Spitze getrieben, indem er Werke zerstörte bzw. verschwinden ließ. Eine ähnliche Haltung findet sich auch beim Sprayer von Zürich Harald Nägeli oder bei der Schweizer Aktionskünstlerin Milo Moiré.

Wie kommt es aber zur Reduzierung des künstlerischen Prozesses auf das Kunstprodukt? Sind hier Marktmechanismen mit am Werk, um im Bild zu bleiben? Aus welcher Motivation heraus reduzieren Menschen ihre Vorstellung von Kunst auf diese Weise? Warum lässt es sich für viele nicht ertragen, an einer prozessualen Vervielfältigung von Sinn mitzubasteln?

Künstlerische (Wert-)Urteile gehen über rein ästhetische Urteile hinaus. Sie stellen keinesfalls nur Bewertungen des Werks an sich dar und sind keineswegs nur subjektive Urteile, sondern beanspruchen im Sinne von Kants Kritik der Urteilskraft Anspruch auf Allgemeingültigkeit und stiften zugleich in Bezug auf Claus von Borgeest so etwas wie eine soziale Identität im doppelten Sinne des Begriffs der Aisthesis.

Weitere Termine:

11.11.2021, 19 Uhr:
Kunstreligion
Vom Paulus zum Saulus: Aufklärung der Kunstpaulusse

18.11.2021, 19 Uhr:
Die Chinesen sind die besseren Deutschen
Etwas ist vergangen, wenn es von der Gegenseite übernommen wird.